Forschungsleitbild
Digitale Güter wie Software weisen aus ökonomischer Sicht viele Besonderheiten auf wie etwa Stückkostendegression, Skaleneffekte und Netzwerkeffekte. Diese Besonderheiten erfordern andere Strategien und Konzepte als die für Anbieter von rein physischen Gütern.
Die Digitalisierung von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen führt auf vielen Märkten zu immer ähnlicheren Bedingungen wie im Markt für rein digitale Güter.
Die Folgen sind Branchen-, Anbieter-, Geschäftsfeld- und Produktkonvergenzen, die ein Game Changer für den Markt digitaler bzw. digitalisierter Güter darstellen. Das Internet of Things (IoT) öffnet nun immer mehr Anbietern vormals rein physischer Güter das Tor in die digitale Welt und führt folglich zur Konvergenz digitaler und analoger Märkte & Wertschöpfungssysteme. Darüber hinaus ermöglichen diese Entwicklungen die Atomisierung von Produkten/Services (z. B. Bundeld Microservices statt Apps) und erhöhen die Anzahl der möglichen Produkte & Services und deren Anbieter. Plattformen fungieren hierbei als Enabler zur Kooperation (v. a. in Entwicklung und Vertrieb) der Wertschöpfungspartner. Dabei entsteht Koopkurrenz (Coopetition), weil die Wertschöpfungspartner sowohl Kooperationspartner als auch Wettbewerber sein können.
Die Digitalisierung führt somit zu einer nachhaltigen Änderung des Software-Marktes in Richtung Plattform Ökonomie und bietet enormes Potential für innovative Geschäftsmodelle bzw. neue Möglichkeiten, Kundenbedürfnisse zu wecken und zu befriedigen, um damit Geld zu verdienen. Im Mai 2018 wurde im Rahmen eines Dagstuhl-Seminars von einer Gruppe international renommierter Wissenschaftler hierzu die neue Wissenschaftsdisziplin des „Software-Intensive Business (SIB)“ gegründet, der wir uns ebenfalls verbunden fühlen.
Der Erfolg digitalisierter Geschäftsmodelle erfordert neben Kenntnissen über innovative Technologien auch fundiertes Wissen über ökonomische Fragestellungen und die Bewältigung der digitalen Transformation im Mindset von Mitarbeitern und Kunden.
Die aktuelle Forschung ist sehr technologiegetrieben und stellt die digitalen Innovationen in den Vordergrund. Um als Anbieter erfolgreich zu sein, kommt es jedoch letztlich darauf an, ob mit den am Markt angebotenen Lösungen Kundennutzen generiert und monetarisiert werden kann. Dies erfordert ein tiefes Verständnis der Kundenbedürfnisse sowie darauf abgestimmte Prozesse und Produkte.
Wir fokussieren uns auf ein kundenzentriertes Qualitätsmanagement bei der Produkt- und Geschäftsmodellentwicklung digitalisierter Güter. Ziel ist die Entwicklung von Methoden und Konzepten für Kundenutzen generierende, wettbewerbsüberlegene, profitable Lösungen (Business Value) durch digitale Produkte und Dienstleistungen. Dies erfordert ein kundenzentriertes Anforderungs- und Produktmanagement.
WIUS
Forschungsstrategie
Wir legen bei der Verfolgung unserer beiden Forschungsleitbilder eine Forschungsstrategie zugrunde, die dem Paradigma einer gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik entspricht. D.h. wir sind bei unseren Forschungsvorhaben grundsätzlich bestrebt, über die Entdeckung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen hinaus auch konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten. Unsere Forschungsstrategie basiert auf zwei Säulen:
- Theoretisch fundiert und zugleich praxisorientiert: Den Ausgangspunkt für die Gestaltung bildet stets die Verständnisgenerierung von Sachverhalten im zugrunde liegenden Realweltausschnitt. Darauf aufbauend leiten wir Handlungsempfehlungen ab, um ein bislang unzureichend geklärtes Realweltproblem zu lösen. Auf diese Weise erfolgt die Theoriebildung nicht a priori losgelöst von der Ableitung der Handlungsempfehlungen und umgekehrt.
- Differenziert: Wir verfolgen den Kontingenzansatz der Forschung, d. h. wir gehen davon aus, dass Handlungsempfehlungen ihre Wirkung immer in Abhängigkeit von der jeweiligen Bedingungssituation entfalten. Die Wirkung kann wiederum nur im Hinblick auf bestimmte Gestaltungsziele beurteilt werden. Nach unserem Verständnis kann es also keine verallgemeinerbaren optimalen Handlungsempfehlungen geben.
Kontakt
Georg Herzwurm
Prof. Dr. rer. pol. habil.Professor
Studiendekan für Wirtschaftsinformatik